Jim Knopf
Ich hatte verpasst, meine letzte letzte Seite aus dem Webstandards-Magazin hier im Blog anzubringen. Ist inzwischen ein ganzes Weilchen her. Ilse Aigner hat ihren Facebook-Account längst aufgegeben und vermutlich Diaspora aufgesetzt. Oder sowas. Das, was unten steht, ist also längst ziemlicher Bullshit. Read with care, my dear.
Igor hat neulich geschrieben, dass er seine Aktivität auf Facebook einschränken werde. Ich habe den genauen Wortlaut nicht mehr im Kopf. Er war aber auch auf Englisch. Wenn Igor sich zurückzieht, dachte ich in dem Moment, dann muss Facebook wirklich böse geworden sein. Igor nutzt für mein Gefühl vermutlich ähnlich viele Webdingse wie Kosmar und wenn jemand wie Igor oder Kosmar einen Account aufgibt, dann hat er das vorher bestimmt gründlich geprüft.
Die Ministerin hingegen prüft noch. Ilse Aigner (* 7. Dezember 1964 in Feldkirchen-Westerham) ist eine deutsche CSU-Politikerin und nutzt Facebook offensichtlich noch immer. Vor einiger Zeit sah sie sich gezwungen, ihre Mitgliedschaft zu beenden, sollte niemand bereit sein, die eklatanten Missstände zu beheben. So ähnlich drohte sie Mark Zuckerberg, dem Facebook-Chef, in einem offenen Brief. Ein »offener Brief« als Kommunikationsmedium für Datenschutzthemen – das ist großartig!
Der Brief kam am Ostermontag und danach wurde alles nur noch schlimmer. Zwei Wochen später fand die Entwicklerkonferenz F8 in San Francisco statt, weit weg von Feldkirchen-Westerham, auf der verblüffend eindringlich dargestellt wurde, wie Facebook zukünftig das Web verändern möchte. Vorrangiges Mittel zum Zweck: ein Knopf.
Gefällt mir
Diesen Knopf haben wir nun an der Backe. »Gefällt mir«, steht drauf. Ach, das ist nett! Hintenrum allerdings wird er kritisch beäugt. Das US-Blog TechCrunch hat sogar rausgefunden, dass der Knopf ernsthaft böse ist.
Technisch, so kann man sagen, linkt dieses Ding direkt nach Mordor: Ein Knopf, sie zu knechten, sie alle zu finden, nach Facebook zu treiben und gezielt zu binden. Zuckerberg hat verdeutlicht, dass das Geschäftsmodell von Facebook weiterhin aus Einnahmen durch Werbung bestehen wird. Der Knopf kommt dieser Vorstellung dadurch entgegen, indem er außerhalb der Plattform aufsammelt, was die Nutzer wollen, womit sie sich beschäftigen, was ihnen gefällt. Dieses Wissen um die Interessen von Webnutzern könnte wertvoller sein als vieles von dem, was etwa Google über uns aufbringen könnte. Wertvoller deshalb, weil es fokussierter ist. Kein Datenhäufchen aus Ortsangaben, E-Mails, Kontakten, Suchbegriffen, Linkbeziehungen oder publizierten Inhalten, die noch gefiltert werden möchten, um sie auswerten zu können, sondern ein zielgerichtetes »Gefällt mir«, das unmittelbar an einem Webobjekt klebt.
Facebook will seinen Werbekunden die Vorlieben seiner Nutzer verfügbar machen. Und damit die Nummer mit personalisierter Werbung möglichst gut funktioniert, ist die Privatsphäre auf der Plattform per Vorgabe erstmal möglichst obsolet. Der Nutzer muss die Einstellungen, welche seiner Informationen und Aktivitäten nicht öffentlich sein sollen, explizit vornehmen. Per se teilt also jeder Nutzer erstmal möglichst viel — nach der F8-Konferenz im April: beinahe alles — mit anderen.
Um seine Privatsphäre zu schützen, gibt es aktuell etwa 50 Einstellungen und mehr als 170 Optionen. Vor allem aber benötigt es das Wissendarum, wie die Plattform funktioniert. Otto-Normal-Nutzer hat dieses Wissen noch nicht. Es bleibt interneterfahrenen Nutzern vorbehalten. Solchen wie Igor. Und Kosmar.
Ilse teilt nur einige ihrer Profilinformationen mit allen. Wenn du Ilse kennst, schick ihr eine Nachricht oder füge sie als Freundin hinzu.
Und solchen wie Ilse.
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Erschienen in: Webstandards-Magazin, Ausgabe 06/2010